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Barrierefreiheit per Gesetz ab 2025

22. Dezember 2023
Digitale Barrierefreiheit per Gesetz ab 2025 - Eine Übersicht

Ab dem 28. Juni 2025 sollen Websites, die elektronische Dienstleistungen anbieten, ihre Webinhalte barrierefrei bereitstellen. Was das bedeutet, welche Folgen und Vorteile dieses für Ihre Website hat, wollen wir hier einmal näher betrachten.

Was bedeutet dieses „barrierefrei“?

Auf die Bereitstellung von digitalen Inhalten bezogen, bedeutet Barrierefreiheit, dass die Website auch für Menschen mit körperlichen und geistigen Beeinträchtigungen auf robuste Art und Weise wahrnehmbar, bedienbar und verständlich sein muss.

Ziel ist die gleichberechtigte Teilhabe aller Menschen am gesellschaftlichen Leben
Aus dem Beschluss der Richtlinie (EU) 2016/2102

  • Wahrnehmbarkeit: Informationen müssen so präsentiert werden, dass die Nutzer und Nutzerinnen diese unabhängig von etwaigen Einschränkungen wahrnehmen können. Dazu zählen: besondere Gestaltungen, wie Großschrift oder gute Kontraste, aber auch die Optimierung für Screenreader.
  • Bedienbarkeit: Alle Funktionen der Website müssen von Nutzern und Nutzerinnen mit unterschiedlichen Einschränkungen gleichermaßen bedient werden können. Websites müssen somit zum Beispiel auch mit der Tastatur bedienbar sein.
  • Verständlichkeit: bezieht sich sowohl auf das Verstehen der Informationen als auch auf die Verständlichkeit der Bedienung der Benutzerschnittstelle. So sollten zum Beispiel Bestandteile mit der gleichen Funktionalität stets einheitlich benannt werden.
  • Robustheit: Die Inhalte von Websites und mobilen Anwendungen müssen so robust sein, dass sie zuverlässig von einer großen Auswahl an Benutzeragenten einschließlich assistiver Technologien, zum Beispiel Screenreadern interpretiert werden können.

Eine Website, die eine dieser vier Prinzipien nicht erfüllt, ist für Nutzer und Nutzerinnen mit Beeinträchtigungen möglicherweise nicht nutzbar und gilt damit nicht als barrierefrei.

Wen betrifft Barrierefreiheit?

Barrierefreiheit von Software-Anwendungen, Online-Diensten und Webinhalten ist ein wichtiger Schritt hin zur Verbesserung der Bedienbarkeit und so auch zu einer positiven „User-Experience“. Diese „digitale Barrierefreiheit“ ist essenziell. Alle Menschen sollten an der zunehmenden Digitalisierung des Lebens teilhaben können und auch Menschen mit körperlichen und/oder geistigen Einschränkungen soll der Zugang zu Webseiten und mobilen Anwendungen erleichtert werden.

Doch auch für Menschen ohne dauerhafte Behinderungen/Einschränkungen kann Barrierefreiheit hilfreich und bedeutsam sein. Wenn zum Beispiel aktuelle Lebensumstände (Einschränkungen durch Unfall) oder die ganz akute Lebens- und Arbeitssituation (Kind auf dem Arm, Sonnenlicht auf dem Display) die Nutzung einer Website beeinträchtigt.

Barrierefreiheit umfasst auch veröffentlichte Dateien von Büroanwendungen (z. B. PDF), Videos und Inhalte im Intranet.

Wer profitiert von Barrierefreiheit?

Von Barrierefreiheit profitieren alle, nicht nur Menschen mit Behinderungen oder funktionellen Einschränkungen. Unsere Gesellschaft wird immer älter, sodass der Bedarf nach Barrierefreiheit größer werden wird.

Unternehmen, die barrierefreie Dienstleistungen anbieten, erschließen sich nicht nur größere Absatzmärkte und Wettbewerbsvorteile. Sie sind auch gut für die Zukunft aufgestellt. Denn sie werden zukünftig auch mit zur Barrierefreiheit verpflichteten Unternehmen konkurrieren, die mit innovativen barrierefreien Dienstleistungen am Markt sein werden.

Barrierefreiheit macht Ihre Website nicht nur besser nutzbar, sie sorgt auch technisch für eine Suchmaschinenoptimierung (Technical SEO).

Mit anderen Worten: Barrierefreiheit ist ein Wettbewerbsvorteil.

Der gesetzliche Hintergrund

Entsprechend der EU-Richtlinie 2016/2102 gelten für öffentliche Stellen europaweit folgende Umsetzungsfristen, die in Deutschland über das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) geregelt werden:

  • Webseiten und Webinhalte öffentlicher Stellen, die ab dem 23. September 2018 veröffentlicht wurden, sollten seit dem 23. September 2019 barrierefrei sein.
  • Barrierefreiheit ist verpflichtend für alle Webseiten und Webinhalte öffentlicher Stellen seit dem 23. September 2020.
  • Mobile Anwendungen und elektronische Verwaltungsabläufe öffentlicher Stellen müssen ab dem 23. Juni 2021 barrierefrei sein.

Während das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) öffentliche Stellen des Bundes zur Barrierefreiheit verpflichtet, beinhaltet das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) Vorgaben für private Wirtschaftsakteure.

Am 28. Juni 2025 soll das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) die EU-Richtlinie 2019/882 „Europäischer Rechtsakt zur Barrierefreiheit“ (EAA) umsetzen. Die EU-Richtlinie 2019/882 dient der Umsetzung der EU Norm EN 301 549. Die EN 301 549 mit dem Titel “Accessibility requirements for ICT products and services” ist eine europäische Norm für digitale Barrierefreiheit.

Grundlage aller gesetzlicher Vorgaben sind die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) 2.1 Level AA.

  • Die WCAG Erfolgskriterien der Konformitätsstufen A und AA sind damit mit dem Standard EN 301 549 verbindlich einzuhalten.
  • Die WCAG Erfolgskriterien der Konformitätsstufe AAA werden im Standard EN 301 549 informatorisch beziehungsweise als erweiterte Kriterien aufgelistet, welche nicht für alle Inhalte einer Webseite relevant sind.

Wer muss es umsetzen, wer ist ausgenommen?

Banken, Personenbeförderungs-Dienstleister und Mediendienste müssen ihre Websites mit dem Stichtag 28. Juni 2025 auf jeden Fall barrierefrei gestalten.

Darüber hinaus gilt das für alle Unternehmen, die Online-Handel betreiben. Dazu gehört jedoch nicht nur der reine E-Commerce, sondern auch Anwendungen, wie zum Beispiel Online-Terminbuchungen.
Sehr viele gewerbliche Websites im B2C werden genau unter diese Kriterien für „Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr“ fallen.

Die Ausnahme:

Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) gilt nicht für Kleinstunternehmen, die für das Gesetz relevante Dienstleistungen anbieten. Als Kleinstunternehmen gelten Unternehmen mit weniger als zehn Beschäftigten und höchstens 2 Millionen Euro Jahresumsatz.

Für Unternehmen, die mit Produkten befasst sind und unter das BFSG fallen, gibt es keine entsprechende Ausnahmeregelung.

Alle Kleinstunternehmen werden kostenlos durch die Bundesfachstelle Barrierefreiheit beraten.

Die technischen Anforderungen

Technisch basiert das BFSG auf den Vorgaben der Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) 2.1. Für die Umsetzung des BFSG müssen alle Kriterien der Level A und AA vollständig erfüllt werden.

Wir haben wir eine Checkliste der erforderlichen Umsetzungspunkte erstellt.

Der Level AAA der WCAG 2.1 kann optional noch zusätzlich erfüllt werden, ist aber nicht Bestandteil des BFSG.

Welche möglichen Sanktionen gibt es bei Verstoß gegen das BFSG?

Wenn festgestellt wird, dass ein Unternehmen sich bei seinen Produkten oder Dienstleistungen nicht an die Regeln des BFSG hält, wird zunächst das Unternehmen aufgefordert werden, sich zu äußern. Somit kann das betroffene Unternehmen angeben, ob nach eigener Auffassung ggf. Ausnahmeregeln greifen.

Wenn die Anforderungen nach Beanstandung und Fristsetzung durch die Behörden nicht eingehalten werden, können verschiedene Sanktionen verhängt werden.

Die zuständige Marktüberwachungsbehörde kann zum Beispiel bestimmen, dass ein Angebot oder eine Dienstleistung nicht weiter angeboten werden dürfen, wenn sie nicht barrierefrei zur Verfügung gestellt werden.

Zudem kann der Verstoß als Ordnungswidrigkeit mit einem Bußgeld von bis zu 100.000 Euro geahndet werden.

Wer kontrolliert die Einhaltung des BFSG für Websites?

Grundsätzlich wird die Einhaltung des BFSG von den Marktüberwachungsbehörden der Bundesländer kontrolliert. Die Behörde muss dabei nicht immer von sich aus tätig werden, sie kann auch von Verbänden oder Nutzer und Nutzerinnen dazu aufgefordert werden, gegen ein Unternehmen vorzugehen, wenn die Anforderungen zur Barrierefreiheit nicht eingehalten werden. Auch Verbandsklagen sind grundsätzlich möglich.

Darüber hinaus können womöglich auch Käufer und Käuferinnen zivilrechtliche Ansprüche geltend machen. Unter Umständen ist auch vorstellbar, dass Mitbewerber die Möglichkeit haben, nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) gegen ein Unternehmen vorzugehen.

Wie kann ich die Barrierefreiheit meiner Website prüfen?

Wer kann mich beim Thema Barrierefreiheit unterstützen?

Wir nehmen Sie beim Thema digitale Barrierefreiheit gern an die Hand – kontaktieren Sie uns für ein unverbindliches Erstgespräch. Wir freuen uns auf Ihren Kontakt!

info@visionconnect.de – fon +49 511 760 71 110

Über den/die Autor*in

Markus Söth

Vom Kaufmann über die Landschaftsarchitektur gestalte ich nun den großen Garten des Internets. Für die VisionConnect GmbH arbeite ich im Webdevelopment Bereich an den Möglichkeiten und Visionen des digitalen Zeitalters. Für Marketing und Innovation bin ich immer zu haben und stehe mit meinen Erfahrungen unseren Kunden bei ihren Projekten zur Seite.